Man, das erste Halbjahr ist ja echt Horror! Mit den Remakes von Dead Space, Resident Evil 4, System Shock, dem überraschenden Scars Above und schließlich Diablo IV sind Gruselfreunde schon mal gut bedient worden. Drei der fünf genannten Titel sind dabei Neuauflagen alter Spiele(-Klassiker), eines eine Fortsetzung einer Reihe. Wirklich neu ist nur Scars Above. Das kommt auch nicht von einem der großen Studios, ist aber auch nicht Indie. Es siedelt sich genau dazwischen an, was manche als Double-A-Produktion bezeichnen. Davon gibt es nur noch sehr wenige. Früher zählten zu dem Segment weitaus mehr Spiele, schließlich waren sie günstiger und schneller zu produzieren. Man konnte auch mal ein Experiment wagen, etwas Neues probieren. Es reichte auch aus, weit weniger Exemplare an die Frau/den Mann bringen zu müssen, um die Entwicklungskosten einzuspielen und die Gewinnzone zu erreichen.
Neue Ideen scheinen heutzutage nur noch die Indie-Entwickler zu haben. So bot das erste Halbjahr hier auch viele bunte und tolle Spiele. Leider aber gibt es davon inzwischen so viele, dass da viele auf der Strecke bleiben. Man hat halt nur begrenzte Zeit für sein Hobby. Auch haben sie ein anderes Problem: sie werden oft von den Medien vernachlässigt/ignoriert. Deshalb gibt es bei uns in den Sommerwochen ein paar interessante Schwerpunkte und künftig wollen wir den Scheinwerfer öfter auf diese Spiele richten. Den Anfang macht ein eigener Halbjahres-Rückblick, weshalb wir diese hier bewusst ausklammern.
Kontroverse Spiele
Im ersten Halbjahr wurden zwei Spiele besonders kontrovers diskutiert: Hogwarts Legacy und Atomic Heart. Bei ersterem rief die queere Gemeinschaft zum Boykott auf, weil sich Autorin J. K. Rowling als transphobes Arschloch geoutet hat. Doch hat man nicht berücksichtigt, dass die mit der Entwicklung und Produktion des Spiels überhaupt nichts zu tun hat und beim Entwickler selbst durchaus auch queere Mitarbeiter arbeiten. Der Boykott hätte sich gegen sie gerichtet, denn die Lizenzgebühren sind nicht an den Verkauf gekoppelt (und werden auch schon bei Vertragsschluss fällig). Erfolg hatte der Boykottaufruf nicht. Beim Atomic Heart ist die Lage schon eine andere. Da war tatsächlich der Entwickler des Spiels, Mundfish, der Grund für die Aufregung. Das russische Unternehmen hat nämlich versucht, seine Wurzeln im Schurkenstaat mit einem Firmensitz auf Zypern zu verschleiern, hat einige regierungsnahe Geldgeber, dubiose Medienevents und keine klare Stellung zum Angriffskrieg gegen die Ukraine bezogen. Alles keine handfesten Fakten, aber genug, um Diskussionen aufkommen zu lassen. Aus der Ukraine schrieb man dann ganz offiziell nach einem Vertriebsverbot des Spiels. Den gab es nicht. Das Spiel selbst hätte aber wohl kaum die mediale Aufmerksamkeit bekommen, denn es ist wirklich nicht gut.
Reinfall Redfall
Nicht gut, nein richtig schlecht ist auch der neue Titel von den Arkane Studios. Statt Vampire jagt man von einem Ärgernis zum nächsten. Bugs, Performance-Probleme und unausgewogenes Balancing zeichnen Redfall aus. Da fallen die Loot-Mechaniken dann auch nicht mehr ins Gewicht. Wie konnte man das bei Bethesda und Microsoft nur so durchwinken? Einfach unbegreiflich! Ob man da noch was retten kann? Wir wagen es zu bezweifeln!
Sparsame Siedlerei
Beinahe hätten wir es verpasst, das neue Siedler. Nach einer mehr als holprigen Entwicklung und etlichen Verschiebungen ist es inzwischen erschienen. Die Siedler – Neue Allianzen ist überraschend gut geworden. Allerdings werden Siedler-Freunde viele Funktionen aus der Vergangenheit vermissen. Es wurde stark entschlackt, viele Prozesse vereinfacht und sich zu sehr auf Kämpfe konzentriert. Man wollte es wohl Richtung Mainstream trimmen, lies aber außer Acht, dass das Genre eindeutig eine Nische ist. Man hat also am potentiellen Käuferkreis vorbeientwickelt. Kein Wunder, dass da kaum einer ein Wort darüber verloren hat.
Der Herr der Ringe: Gollum
Während der schlechte Zustand von Redfall uns doch irgendwie überrascht hat, war die Katastrophe bei Daedalic Entertainment zu erahnen gewesen. Der Herr der Ringe: Gollum hat mit dem Ex-Hobbit einen eher unsympathischen Helden, eine banale, langatmige Handlung und unausgegorene Spielmechaniken. Auch die Präsentation hat Schwächen und es gibt reichlich Fehler im Spiel. Da ja die Hoffnung bekanntlich zuletzt stirbt, hatte da manch einer vielleicht noch auf ein brauchbares Abenteuer im Tolkien-Universum gehofft. Aber die war leider vergebens.
Vor wenigen Tagen wurde auch bekannt, dass Daedalic Entertainment die Spielentwicklung gänzlich einstellen wird, der geplante Nachfolger (!?) wurde gestrichen. Künftig werde man sich auf das Publishing beschränken. Das Studio in Hamburg dürfte vermutlich in Bälde schließen. Einige Mitarbeiter sind beriets auf Jobsuche bzw. schon bei anderen Studios untergekommen. Damit sind wohl auch weitere Updates für Der Herr der Ringe: Gollum sehr unwahrscheinlich.
Octopath Traveller 2, JRPG’s und der Rest
Kommen wir doch mal wieder zu einem besseren Spiel. Für Liebhaber von JRPGs war Octopatch Treveller 2 sicherlich ein Highlight des ersten Halbjahrs. Ich hab es zwar selbst nicht gespielt, meine Schwester hat aber einige Wochenende und Abende darin verbracht und ist schwer begeistert. Ebenfalls sehr gelungen sollen die beiden Persona-Remakes sein. Die hat aber bei uns niemand gespielt. Ebenfalls von uns nicht gespielt ist Forspoken. Da sollen wir aber auch nichts verpasst haben. Bei der PC Games hat es aber für Ärger gesorgt, weil man die Redaktion nicht mit Testmustern versorgen wollte. Da dort ja ein Kleinkind im Chefsessel sitzt, gab es Gequengel, Gezanke und sture Verweigerung, die plattgeklopft und breitgetreten wurde. Man hätte ja das Spiel auch einfach im nächsten Elektromarkt erstehen können, um seiner Verpflichtung den Lesern gegenüber nachzukommen.
Wenn ein Spiel kurz vor dem geplanten Veröffentlichungstermin und einen Monat verschoben wird, dann sollten alle Alarmglocken schrillen. Im Falle von Star Trek: Resurgence hat sich das leider bewahrheitet. Das Spiel ist unfertig, strotzt vor Fehlern und stürzt regelmäßig ab. Unspielbar. Nichts davon hat man in dem Monat noch ausbessern können. Es wäre wohl besser gewesen, es gleich ins 2. Halbjahr zu verschieben.
Es gibt noch eine Menge Spiele, die wir hier jetzt nicht erwähnt haben. Dead Island 2 und Deliver us Mars zum Beispiel. Auch wir können (und wollen) einfach nicht alles spielen, schließlich haben wir Familie, Freunde und ein Leben außerhalb von virtuellen Welten. So seht es uns bitte nach, wenn wir gerade Euer Lieblingsspiel der ersten Jahreshälfte hier nicht erwähnt haben. Ihr könnt das natürlich gerne in den Kommentaren korrelieren und selbst ein paar Worte dazu schreiben. Wir würden uns sehr freuen.
Fazit
Das erste Halbjahr hatte verdammt viele gute Spiele zu bieten. Aber auch einige Enttäuschungen. Der Trend, unfertige Spiele zu veröffentlichen und den Spieler quasi zum zahlenden Betatester zu machen, beunruhigt uns doch ein wenig. Spätestens seit Cyberpunk 2077 wissen wir, dass die Konsolenhersteller keine Qualitätsprüfungen mehr vornehmen und wirklich jeden Mist durchwinken. Schließlich spült auch der größte Mist noch Devisen in die Kassen. Was man als Spieler dagegen tun kann? Nun, keine Spiele vorbestellen, zum Beispiel. Ist ohnehin der größte Schwachsinn, genauso wie die künstliche Verknappung mancher Editionen. Auch sollte man sich in Geduld üben und nicht mehr direkt am Veröffentlichungstag kaufen. Schon in den kommenden Tagen kann man sich dann über den Zustand im Internet informieren. Erst dann sollte man einen Kauf in Erwägung ziehen. Und wenn man eh noch genug Spiele auf dem Stapel hat: je länger man wartet, umso günstiger ist das Spiel dann auch zu haben.
Wir freuen uns jetzt aber erstmal mit Euch auf den kommenden Monate und die bevorstehenden Veröffentlichungen im der zweiten Jahreshälfte!
Du hast das Lichtschwert-Gefuchtel, Teil 2 vergessen. Obwohl ich ja Star Wars mag, bin ich da in letzter Zeit auch übersättigt und hatte bislang keine Lust zu spielen. Vielleicht in einem Jahr, wenn es im Game Pass aufschlägt.
Interessante Rückschau. Schön zu sehen, dass da wieder mehr qualitativ hochwertige Spiele erscheinen, auch wenn ich die wohl nie spielen werde.
2023 scheint ein guter Jahrgang für Spiele zu werden. Aber es ist auch erstaunlich wieviel große Produktionen doch eher unterirdisch sind. Offenbar war wirklich niemanden Cyberpunk eine Lehre.